Nachdem ich die letzten 4 Monate keinen einzigen Urlaubstag genommen hatte, war es nun endlich an der Zeit, im November meine Reiselust ein wenig mehr auszuleben. Als erstes Ziel meines Wundermonats November stand Montenegro auf der Liste. Von meiner Balkanliebe habe ich ja schon häufig berichtet, aber ich hätte wohl kaum erwartet, dass diese noch einmal übertroffen werden kann. Am Donnerstag ging es ziemlich früh los. Bereits kurz vor 7 Uhr sollte das Boarding stattfinden – also 4:30 aufstehen und schnell zum Flughafen. Immerhin klappte alles mal reibungslos und wir waren froh, das kalte Berlin zu verlassen. Nach nicht mal 2 Stunden Flugzeit betraten wir montenegrinischen Boden – bei milden 14°C – und etwas Regen, aber daran konnten wir uns schon einmal gewöhnen….

Bereits am Flughafen in Podgorica, der Hauptstadt Montenegros, spürten wir die Gelassenheit der Montenegriner, alles war viel weniger hektisch als zuvor noch in Berlin. Als ich von der Toilette wiederkam, stand Tim auch schon mit einem Gebäck-Stück in der Hand, welches ihm die Polizisten am Flughafen, die gerade fröhlich zum Frühstück zusammensaßen, in die Hand gedrückt hatten. Sie hatten nichts weiter dazu gesagt als “MONTENEGRO”. Belustigt zogen wir weiter zur Autovermietung – auf Anraten einer Bekannten, hatten wir schon vorher ein Auto gemietet, welches wir nur noch abzuholen brauchten. Ich machte wie immer den Fehler, vorher zu lesen, was das Auswärtige Amt schreibt:
“Der Straßenverkehr in Montenegro ist mit weit größeren Risiken behaftet als in Deutschland. Diese ergeben sich aus dem oft schlechten Zustand der Straßen, dem häufig undisziplinierten Fahrverhalten der Verkehrsteilnehmer und der oft unzureichenden Absicherung am Fahrbahnrand, was im sehr gebirgigen Montenegro mit zahlreichen Schluchten eine große Gefahr darstellt. Zusätzlich ist auch in unübersichtlichen Kurven mit überholenden Fahrzeugen undisziplinierter Autofahrer zu rechnen. Eine verhältnismäßig hohe Zahl von Unfallopfern ist die Folge. Die meisten schweren Unfälle ereignen sich auf den Strecken Budva – Cetinje- Podgorica, Podgorica – Kolašin – Belgrad und Podgorica – Danilovgrad – Nikšić.
Bei Verwicklung von Ausländern in Kfz-Unfälle kommt es insbesondere bei Fällen mit Personenschäden regelmäßig zur Inhaftierung ausländischer Fahrzeugführer und – insbesondere bei Todesfolgen auf montenegrinischer Seite – nach gerichtlicher Feststellung der Schuld zu Verurteilungen mit mehrjährigen Haftstrafen, die – anders als in der deutschen Rechtsprechung – nicht zur Bewährung ausgesetzt werden. Daher wird dringend empfohlen, sämtliche Verkehrsregeln – einschließlich der Höchstgeschwindigkeitsregeln – streng zu beachten und umsichtig und ausgeruht zu fahren. Landesunkundige sollten Nachtfahrten außerhalb der Städte möglichst vermeiden. Da Fahrer und Beifahrer häufig nicht angeschnallt sind, ist das Risiko von Unfällen mit Personenschaden höher als in Deutschland.”
Wer mich gut genug kennt, weiß, dass ich nach dem Lesen dieser Zeilen bereits mein Testament verfasste. Bestimmt 20 Mal redete ich vorher auf Tim ein, dass er gaaanz langsam und super vorsichtig würde fahren müssen. Außerdem buchten wir so ungefähr jede mögliche Extra-Versicherung hinzu. Als die Dame am Sixt-Schalter uns dann auch noch Winterreifen aufschwatzen wollte, war ich etwas hin- und hergerissen – schließlich war es echt warm. Am Ende waren es jedoch nur 4 Euro mehr pro Tag und wir sagten zu. Dann konnte es endlich losgehen – Navi angeschaltet fuhren wir zu unserem ersten Ziel, einer Ecke, die wir zufällig auf Google Street View entdeckt hatten. Bereits 15 Minuten nachdem wir den Flughafen verlassen hatten, befanden wir uns mitten im nirgendwo auf einer winzig kleinen “Straße”, wo 2 Autos nicht wirklich gut nebeneinander passten.
Die Bäume waren noch nicht so winterlich wie in Berlin sondern alles in schönen Dunkelgrün, Orange- und Gelbtönen. Jede Kurve und davon gab es wirklich einige, machte mich unruhiger, denn es ging wirklich steil bergab teilweise hunderte Meter und von einer Fahrbahnsicherung war keine Rede. Hin und wieder sah man mal so eine Metallplanke, die dann aber auch schon einige Dellen hatte und nicht so aussah, als würde sie noch ein weiteres abrutschendes Auto halten können. Auch sah man immer wieder die Aufschrift “Auto Slep” mit einer Nummer versehen – was wahrscheinlich Abschleppdienst heißen sollte. Abgesehen vom Abenteuerfaktor, muss ich doch eingestehen, dass es die ganze Angst Wert ist, da das, was man zu sehen bekommt einfach atemberaubend ist.

Unendliche Weiten, wunderschöne Klippen und Landschaften. Schnell fanden wir die Stelle, die wir auf Google Street View gesehen hatten und wenig später kamen wir an einem malerischen, kleinen Ort vorbei, mit einer schönen Brücke. Dort gab es 3 Restaurants, wovon eines auch auf hatte. Da fiel die Wahl leicht. Die Karte war in mehreren Sprachen verfügbar – man war Touristen gewohnt, wenngleich nicht zu dieser Jahreszeit. Außer uns saßen da nur eine Truppe Einheimischer, die alle gemütlich rauchten. Wir bestellten die Montenegro-Platte, die selbstgemachten Käse, Schinken und Oliven beinhaltete. Außerdem gab es montenegrinischen Kaffee und natürlich Kuchen – Fazit: YUMMI!! Die Preise schienen interessanterweise sogar minimal höher zu sein, als man es aus Berlin so kennt, was sich auch weiterhin bestätigen sollte. Eine Frau im Restaurant hörte uns Deutsch sprechen und sprach uns später an, sie selbst hatte lange in der Schweiz gelebt und so konnten wir sie gut mit unseren offenen Fragen löchern. Ein gelungener Restaurant-Besuch!

Nach einem kurzen Supermarkt-Besuch (wo wir eine Flasche montenegrinischen Wein einpackten) ging es schon weiter – bis nach Budva – eine mittelgroße Stadt, die wir besuchen wollten, um die komplett bebaute “Heiliger Martin” Insel anzusehen. Das taten wir auch, allerdings im strömenden Regen. Als wir kurze Zeit später ins Auto stiegen, hörte es natürlich sofort auf. Weiter ging es bis nach Kotor – dem wohl bekanntesten und auch schönsten Ort in Montenegro. Kotor liegt direkt an der Adriaküste und ist eine alte, mediterrane Handels- und Hafenstadt, welche zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Die Altstadt ist von starken Mauern umgeben und wird von der einen Seite von Bergen und auf der anderen vom Wasser geschützt. In der Altstadt herrscht kein Autoverkehr – so könnte man ganz gemütlich durch die Gassen schlendern. Hätte es nicht in Strömen geregnet. Wir flitzten nur so von Pfütze zu Pfütze und fanden unser AirBnB doch nicht. Nach einigen Minuten des Wartens kontaktierten wir die Dame, die uns in Empfang nehmen sollte.

Nach einigem hin- und her fand sie uns und brachte uns endlich in unser trautes Heim für die nächsten 2 Tage. Die Wohnung lag im Dachgeschoss und bot neben einem wundervollen Blick über die Altstadt auch allen nötigen Komfort. Als wir später beim Auto umparken noch einen Laden voller Kuchen und Gebäck fanden, war der Tag nicht mehr zu übertreffen. Für den nächsten Tag war eine Wanderung geplant, allerdings sagte der Wetterbericht weiterhin Regen, Regen, Regen. Etwas abgeschreckt von unserer Erfahrung dieses Tages suchten wir verschiedene Routen heraus, die eventuell nicht soo lang waren. Egal wie ich wollte auf jeden Fall wandern gehen. Am nächsten Morgen hielt sich der Regen noch in Grenzen, also ging es los, wir shoppten eifrig beim Bäcker und fuhren mit dem Auto zum geplanten Startort. Der Weg dahin war sehr steil und das Navi korrigierte im 2 Minuten-Takt unsere Zielzeit eine Minute weiter.

Keine Ahnung, ob es überhaupt irgendwem möglich ist, die Geschwindigkeitsbegrenzung bei den Klippen und Kurven auszureizen. Sicher niemand, der das überlebt hat. Auf dem letzten Kilometer der Fahrt freuten wir uns dann plötzlich über die Winterreifen. Plötzlich lag da Schnee und ich hinterfragte meine Kleiderwahl. Als wir ausstiegen dachte ich noch sehnsüchtig an meine Handschuhe zurück, die ich zwar mit nach Montenegro aber natürlich nicht mit auf die Wanderung genommen hatte. Nun gut. Dann mal los. Wir hatten uns minimal verfahren und waren nicht ganz am Ausgangspunkt unserer Route – wir gingen trotzdem los. Es war sehr neblig und man konnte kaum die Berge um sich herum sehen. Viele Pfützen waren zugefroren und man konnte sich einen Spaß machen, sie kaputtzumachen.


Nach ca. 2 Stunden sahen wir ein, dass Weiterwandern eher keine Option war, denn man hörte bereits einige Zeit ein immer lauter werdendes Donnern und auch der Nebel versprach nichts Gutes. Also machten wir uns auf den Rückweg. Dieser endete irgendwie damit, das wir querfeldein (natürlich bergauf) durch den Wald kraxelten, um unser Auto wiederzufinden. Ich fand es toll 🙂 Immerhin hatten wir Glück, es hatte die ganze Zeit nicht geregnet. Vollkommen erschöpft fuhren wir mit dem Auto zurück und fielen erstmal Kurz ins Erschöpfungskoma – doch dann packte mich noch einmal ein Hauch von Nina-Energie und ich hatte die Idee, doch noch den Berg neben der Altstadt hochzulaufen, von wo man einen tollen Blick haben würde. Gesagt getan – wir erklommen die vielen Stufen und kamen bei Einbruch der Nacht heil wieder am Fuße des Berges an. Und natürlich begann es auch zu regnen.
Der perfekte Moment um sich auf die Jagd nach dem Abendessen zu machen. Dies gestaltete sich gar nicht so leicht, wenn man a) nicht so viel Geld ausgeben wollte und b) nicht ganz allein im Restaurant sitzen wollte. Am Ende bekamen wir einen Tipp und landeten in einer Art Pub – mit Fussball-Übertragung und einer großen Menge an bezahlbaren Gerichten. Ich wollte den Montenegrino – Wurstteller bestellen, der Kellner überzeugte mich jedoch mit einem “Montenegrino Plate – good, Mixed Plate – very good”, die minimal teurere Variante zu wählen. Im nachhinein bin ich mir nicht sicher, ob er die Worte “very good” nicht mit “very much” verwechselt hatte. Als ich schon kurz vorm Platzen war, hätte man meinen Teller voll mit Wurtsscheiben immer noch locker als große Portion weiterverkaufen können. Der Kuchen passte später natürlich trotzdem noch.


Die darauf folgende Nacht war eine sehr kurze und anstrengende, da es die ganze Nacht über in solchen Mengen regnete, dass allein die Lautstärke mich immer wieder wachhielt. Dazu kam, dass die Fenster irgendwann nicht mehr dicht hielten und wir am nächsten Morgen eine Art “Feuchte Überraschung” 😉 erlebten. Nachdem alles wieder halbwegs getrocknet war, verließen wir das Appartment und damit auch Kotor. Unser Tagesziel war es, quasi einmal quer durchs Land zu fahren, nur um eine Brücke zu sehen. Immerhin eine Brücke über der tiefsten Schlucht Europas (der Tara-Schlucht). Diese wird weltweit nur noch vom Grand Canyon übertroffen. Da wir es mal ohne Navi – nur mit Karte versuchen wollten, fühlte ich mich wie ein kleiner Detektiv, der die wilden Landschaften Montenegros ergründen würde. Das erste Zwischenziel war Niksic – die zweitgrößte Stadt Montenegros, welche wir halbwegs schnell erreichten.


Der Weg dorthin war wirklich toll, wir kamen uns vor, wie auf einer Mondlandschaft – ich konnte mir kaum vorstellen, wie es wohl sein muss, dort im verlassenen Land mitten in diesen Steinhügeln zu leben. Kurz vor Niksic fiel mir auf, dass das Kloster, welches wir ebenfalls ansehen wollten doch zuerst auf unserer Route liegen würde. Also ging es kurzerhand dorthin – zur Monasija Ostrog. Das Besondere an diesem Kloster war der Standort. Es lag nämlich mitten auf einem Berg bzw. In einen Berg eingebaut. Etwas schüchtern besichtigten wir alles, da wir nicht ganz wussten, wie wir uns verhalten sollten. Das Kloster war wirklich schön und sehr atmosphärisch. Lustig war noch der Moment danach, ich musste gefühlt bereits seit Stunden auf die Toilette und hatte hoffnungsvoll auf das Kloster gewartet. Dort gab es dann auch ein WC – etwas glücklich darüber betrat ich es und traf auf weitere verduzt dreinblickende Touri-Damen. Ich war kurz verunsichert, was mich darin erwarten würde, ich rechnete mit dem Schlimmsten. Am Ende handelte es sich dabei lediglich um diese “Loch-im-Boden” Klos, welche sicherlich nicht ganz das waren, was ich mir erträumt hatte – aber immerhin mal wieder ein Erlebnis 😉



Weiter ging es Richtung Tara-Schlucht. So langsam merkten wir, dass unser Zeitplan, um 17 Uhr in Podgorica zu sein, um noch von Sauna und Co im Hotel profitieren zu können, etwas knapp wurde. Aber das konnte uns nicht aufhalten. Wir fuhren und fuhren, plötzlich wurde es wieder kälter und kälter und wir landeten in einer Schneelandschaft – auf 1.600 m Höhe sicherlich nicht ganz so ungewöhnlich. Wir waren immer glücklicher über die Winterreifen, da es möglicherweise auch glatt hätte werden können und die Strecken nicht ungefährlicher wurden. Kurz hatten wir uns noch gefragt, ob man in Montenegro wohl Ski-fahren kann, schon durchfuhren wir das erste Ski-Örtchen. Nach nochmal 2 Stunden erreichten wir unser eigentliches Ziel. Die Schlucht war wirklich seeehr tief uns sehr schön. Und wieder waren wir weit und breit die Einzigen dort, nochmal ein Argument, dieses Land im November zu besuchen.



Nach nicht mal 20 Minuten verließen wir unser Tagesziel wieder und begaben uns auf den Weg nach Podgorica. Meine Angst, die Hauptstadt nicht mehr im Hellen zu erreichen, schien sich zu bewahrheiten noch dazu begann es erst zu regnen und später dann zu schneien. Immer häufiger durchfuhren wir Pfützen, die eher Seen glichen – einmal befürchtete ich sogar, dass wir gleich gänzlich im Wasser versinken würden. Auf den Straßen lagen immer mehr heruntergefallene Steine bzw eher Felsbrocken – einmal war eine komplette Spur dadurch unbefahrbar. Ich versuchte mich zu entspannen – was irgendwann auch funktionierte und dann kamen wir unserem Ziel endlich immer näher. Gegen 18:30 erreichten wir – im strömenden Regen – Podgorica und unser Hotel.

Trotzdem wir den ganzen Tag nur im Auto saßen und ich sogar nur Beifahrerin war, war ich komplett fertig. Daher freute ich mich umso mehr über die guten Nachrichten, dass wir ein kostenloses Upgrade für das Deluxe-Apartment bekamen. Mit riesen Terrasse mit Blick über die Stadt, und allem, was man sich nur wünschen konnte, da das noch nicht genug für uns war, bestellten wir natürlich sofort etwas zu Essen im hoteleigenen Restaurant – aufs Zimmer – wie sich versteht(man muss dazu sagen, dass das echt nicht so teuer war) Die letzte Nacht in Montenegro verging viel zu schnell und ich konnte wie immer kaum schlafen. Gegen 5 war ich schon wieder zappelig und setzte mich mit einer Decke auf die Terasse und wartete auf den Sonnenuntergang.
Ich wurde nicht enttäuscht. Fieserweise schaute ich mir den Wetterbericht an – die nächste Woche sollte Montenegro komplett von Sonnenschein überzogen sein bei angenehmen 18°C. Naja – egal wie unser Urlaub war wahnsinnig schön, und wer hätte schon gedacht, dass wir wenig später das Mietauto unversehrt am Sixt-Schalter wieder abgeben konnten.
Schöner Bericht und tolle Fotos! Den südlichen Teil zwischen Bar und Ulcinj hattet ihr nicht besucht?
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Nein – leider nicht, aber vielleicht in diesem Jahr 🙂
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Gerne zeige ich euch diese Region. Einfach melden wenn ihr wollt 😉
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