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Allein reisen als Frau

Immer wieder werde ich von Freunden und Bekannten gefragt, ob ich bei meinen Reisen allein keine Angst hätte – gerade als Frau und so. Dazu muss ich sagen, dass meine Art zu reisen sich über die Jahre natürlich verändert hat und dass es ein langer Prozess war, eh ich so unbeschwert und sorglos in Länder wie Armenien, Mazedonien oder den Kosovo gereist bin.

Der Anfang

Mit 17 blutjungen Jahren habe ich mein Austauschjahr nach Polen gemacht – gezwungener Maßen lernte ich, mit einer neuen Situation in einem mir unbekannten Land mit einer mir unbekannten Sprache, umzugehen. Auch mein Englisch war damals noch ziemlich begrenzt, abgesehen davon, dass sowieso niemand Englisch mit mir sprechen wollte. Das gute war, neben Polnisch lernte ich auch, wie man mit gar nichts bis wenig Kommunikation betreiben kann. Wie ich alleine mit Problemsituationen umgehe und das am Ende immer alles halb so wild ist.

Wieder zurück in Deutschland war ich mutiger geworden meine erste Allein-Reise führte dann wieder nach Polen – in Warschau schlief ich in einem Hostel und befand es noch irgendwie als merkwürdig, alleine in einem Restaurant zu sitzen und zu essen. Gefühlt starrte mich jeder an und bemitleidete mich. Das war auch noch vor Smartphone-Erfindung also musste ich mich mit in die Luft starren und Bücher lesen beschäftigen – lang ists her. Schnell merkte ich jedoch, dass man auch wenn man etwas schüchterner ist in Hostels gut Leute kennen lernt und dass es auch alleine ganz wunderbar sein kann.

Stück für Stück traute ich mich an mehr Länder. Ich war in Brüssel und in Paris wo ich mal Herzschmerz aussaß oder etwas verblüfft war, wie oft man so pro Minute angebaggert werden kann. Zum ersten Mal musste ich mich damit auseinandersetzen, ob ich mich als Frau immer und überall sicher fühle und versuchte mir zu überlegen, wie ich mit solchen Situationen umgehen soll.

Irgendwann packte mich das Fieber immer mehr. Von kurzen Städtetrips ging es nun über zu Zweiwöchigen Euro-Trips in West- und Südeuropa. Ich machte fast ausschließlich gute Erfahrungen und traute mir immer mehr zu. Ich wusste mittlerweile, dass eine Anreise bei Dunkelheit mir mehr zu schaffen machte, als wenn ich den Ort zuerst bei Tageslicht erkunden konnte. Ich plante anfangs sehr viel und wusste stets, auf welche Verkehrsmittel ich zurückgreifen konnte, wovor ich mich in Acht nehmen musste usw.

Der nächste Schritt war es dann, alleine Couchsurfen zu gehen. Dabei achtete ich anfangs darauf, nur bei Frauen und nur bei Frauen mit vielen guten Bewertungen unterzukommen. Auch das klappte wunderbar und war eine echte Bereicherung.

Going East

Dass ich vorm Wilden Osten keine Angst hatte, lag sicherlich auch an meinem Austauschjahr. Wenn ich ein Land als vollkommen harmlos und sicher bezeichnen würde, dann wäre Polen sicherlich ganz vorne dabei. Aber was war mit dem Balkan? Auf den Trichter kam ich erst wesentlich später. Ich war für ein Bewerbungsgespräch kurz in Bulgarien und traute mich zum Beispiel nach Serbien, wo ich so extrem positive Erfahrungen machte. Viele boten mir Hilfe an, da sie eine alleinreisende Frau so gar nicht gewohnt waren und das Gefühl hatten, mich schützen zu müssen. So hielten Autofahrer an, um mich bei Hitze mit Flüßigkeit zu versorgen oder retteten Schäfer mein Leben (vielleicht minimal übertrieben), als ich beim Wandern vom Weg abkam und kein Wasser mehr hatte. Fremde fragten mich nach meinem facebook-Namen, weil sie noch nie einen Ausländer getroffen hatten – da verliert man einfach schnell die Angst. Ich traute mir immer mehr zu und so ging es dann weiter nach Bosnien und in den Kosovo. Natürlich gab es immer mal Länder, wo ich mir im Vorhinein Verhaltensregeln überlegt hatte – so sagte ich mir vor dem Kosovo, dass ich sicherlich nicht nachts alleine herumlaufen würde. Hätte ja niemand ahnen könne, dass es mir auf dem kosovarischen Oktoberfest so gut gefiel und ich dann ziemlich angetrunken die Stadt weiter erkunden wollte.

Vor meiner Reise in die Ukraine hatte ich auch etwas Bammel aber über einen Bekannten besorgte ich mir Kontakte und Ansprechpartner vor Ort, um im Fall der Fälle eben zu wissen, an wen ich mich wenden kann. Aber wieder wurde ich eines besseren belehrt. Wovor ich da genau Angst hätte haben sollen, ist mir bis heute nicht klar.

Als ich meine erste Georgien-Reise buchte, war mir mal wieder klar, dass das ein neues Abenteuer-Level für mich bedeuten würde. Insbesondere die nicht entzifferbaren Schriftzeichen machten mir im Vorhinein Sorgen, da ich doch sehr gern Herrin der Lage und entsprechend auch der Zeichen bin. So spannend es auch war, das erste Mal in eine Maschrutka zu steigen in der Hoffnung, dieser Minibus fährt auch wirklich dahin, wo ich gern hinwollte – so schnell lernte ich auch auf mein Gespür zu vertrauen und das am Ende immer alles irgendwie funktionieren wird.

 

Okay ich verliere mich in den vielen kleinen Geschichten hier mal eine Zusammenfassung meiner Tipps, die zum einen für mehr Sicherheit aber hauptsächlich für mehr Sorgenfreiheit gut sind

 

  1. Andere Fragen, die schon mal dort waren
    1. facebook Gruppen
      Ich bin Mitglied in zwei facebook Gruppen, die mir wirklich viel Freude bereiten, das sind zum einen die Bravegirls:  https://www.facebook.com/groups/frauenalleinunterwegs/
      sowie der Club der Abenteuerinnen:  https://www.facebook.com/groups/outdoorfrauen/
    2. Bekannte und Freunde
      Optimal ist es natürlich Bekannte zu fragen, die selbst schon einmal vor Ort waren, wann immer sich für mich die Möglichkeit ergibt horche ich die Erfahreneren ausführlich aus – und informiere mich entsprechend, auf was ich insbesondere als Frau achten muss (Kleidung, Regeln) ob ich mit Blicken oder vielen Anmachen rechnen muss oder worauf ich mich sonst einstellen muss
  2. Setze dich mit Staatsreligion und Frauenbild auseinander
    Es kann aber muss keinen Unterschied machen, welche Religion im entsprechenden Reiseland von Bedeutung ist, dennoch ist es stets sinnvoll, sich im Vorhinein damit auseinanderzusetzen und eben entsprechende Konsequenzen zu ziehen. So ist es in vielen Ländern sinnvoll, lange Kleidung für den Besuch von Kirchen, Moscheen oder eben auch für den Alltag mitzunehmen. In anderen Ländern ist dies aber vielleicht vollkommen irrelevant. Meistens unterhalte ich mich bei Ankunft in einem Airbnb oder Couchsurfing einfach mit den Gastgebern und frage sie, ob es sicher ist, für mich alleine im Dunkeln unterwegs zu sein und halte mich an ihre Ratschläge.
  3. Ortsnamen und Adressen sowie wichtige Sätze vorbereitet haben
    Im EU-Ausland (Roaming for free) kann man gut und gerne auch darauf verzichten – aber auch da – man weiß nie, wann der Akku mal schlapp macht und dafür ist der kleine Hilfszettel dann ein echter Lebensretter. Wenn man allerdings in Georgien ist, ohne Internet und kein Zeichen lesen kann, die meisten Einheimischen zwar neben Georgisch fließend Russisch, aber kaum ein Wort Englisch sprechen, dann erweist sich so ein Hilfszettel als äußerst nützlich. Oder wie willst du erklären, dass du gerne hierhin: ოცდათხუთმეტი aber ganz bestimmt nicht dahin gefahren werden möchtest: ორმოცდათხუთმეტი (Übrigens ausgeschrieben Fünfunddreißig und Fünfundfünfzig). Natürlich ist es dabei sinnvoll, sich auch eine Lautsprache zu notieren und um ein bisschen netter um die Ecke zu kommen vielleicht auch noch „Bitte“, „Danke“ und „auf Wiedersehen“.
  4. Offline-Karten
    Mein absoluter Geheimtipp: Die App maps.me – einmal vorher zu Hause das entsprechende Gebiet (kostenlos) herunterladen und schon könnt ihr überall ohne Internet navigieren. Kann Google doch auch!? Stimmt! Maps.me kann aber auch viele Wanderwege und berechnet mir Routen und kennt Restaurants auch ohne Internetzugang. Ohne diese App wäre ich bei Weitem nicht so zuversichtlich durch georgische Wälder gestreift und hätte nicht so viele schöne Orte entdeckt. Ich nutzte sie auch stets, um mich zu vergewissern, ob mein Bus/Zug/Taxi mich gerade immerhin ungefähr in die richtige Richtung fährt.
  5. Kontakte im Zielland
    Das ist für mich eine neuere Entwicklung, diese hat sich aber als äußerst sinnvoll erwiesen. Für die Ukraine hatte ich von einem Bekannten einen Kontakt für jeden Ort erhalten, in dem ich sein wollte. Dies gab mir zum einen Sicherheit und ab und zu hatte ich sogar das Glück, dass die Person auch an einer kleinen gemeinsamen Stadttour interessiert war und mich ein wenig herumführte. Auch in Armenien war ich froh über Kontakte, da meine Reise zeitgleich mit der jüngsten Revolution stattfand und ich so auf dem Laufenden gehalten wurde, ob es für mich eine sichere Reise sein würde. Natürlich kann nicht jeder überall hin Kontakte im Freundeskreis finden, aber es gibt ja das Internet – auf Couchsurfing kann man andere Reisende finden, die zur gleichen Zeit im Reiseland unterwegs sind – auch diese Funktion habe ich mehrfach genutzt und mich mit anderen Reisenden verabredet. In facebook Gruppen wird man sicher auch fündig und ja, wer mutig ist, kann vor Ort auch mal Tinder ausprobieren.
  6. Gib deine grobe Planung an einen Lieben weiter
    Sofern du eine vorgeplante Route hast, teile diese mit einem Freund/einer Freundin oder jemandem in deiner Familie, so ist im Notfall klar, wo du dich aufhalten müsstest – das hilft zwar nicht konkret – beruhigt aber vielleicht die Nerven
  7. Vertrauen

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