Leben · Reisen · Wandern

Ein Wochenende im Auto – Sachsen Anhalt und Thüringen

Mal wieder konnte ich meine Füße nicht still halten und statt ein gemütliches Wochenende in Berlin zu verbringen, fuhren Tim und ich am Freitag nach der Arbeit so schnell es ging nach Hause, um Klamotten und Bettdecken zusammenzusammeln und uns dann auf unser kleines Abenteuer begeben. Wir hatten eigentlich nichts zuvor geplant, lediglich das Bundesland: Thüringen hatten wir so grob als Ziel anvisiert. Gegen 19 Uhr kam Tim mit dem Auto vor meiner Haustür an. Ich stand bereits wild bepackt mit meinen Bettdecken und viel zu viel Gepäck sowie bereits in Schlafkleidung auf dem Gehweg – ich wollte ja wenn ich schon nichts plane auf alle Umstände vorbereitet und direkt schlafbereit sein.

Es stellte sich auch schnell heraus, dass meine Vorstellung vom im Auto schlafen (glücklicherweise) von der Realität abwich. Ich ging davon aus, dass ich auf dem nach hinten gelehnten Vordersitz würde schlafen müssen – da kam mir der komplette hintere Autobereich schon luxuriös vor. (das schreckliche Erwachen kam dennoch).

Wir stiegen ins Auto und Tim sagte “Ja wohin fahren wir denn jetzt eigentlich” Gute Frage. Ich gebe erstmal Eisenach ins Navi und wir fahren los. Ich hatte bereits Tage zuvor davon geträumt, einen gemütlichen Fleck an einem See zu finden, wo natürlich außer uns sonst niemand sein würde und ich am Morgen direkt eine entspannte Runde schwimmen könnte. Aber wie findet man so einen Ort? Auf Grund der schon späten Stunde entschieden wir nun doch die Richtung Wernigerode einzuschlagen und einfach auf google maps nach einem See zu suchen. Dies erwies sich in der bergigen Harz-Landschaft als gar nicht so einfach – überall gab es nur Talsperren. Irgendwann fand ich den Bergrat Müller Teich – der sah doch gemütlich aus. Es war schon dunkel, als wir ca 20 Minuten lang bergauf fuhren, um uns herum blitzte und donnerte es unentwegt und ich begann über die Blitzresistenz des Autos zu sinnieren und mein verstaubtes Wissen zum Thema “Faradayscher Käfig” abzurufen. Wird schon gut gehen war mein Fazit.

Als wir in einen sehr krummen, verlassenen Waldweg abbiegen sollten, wurde Tim etwas skeptisch, ich blieb zuversichtlich trotzdem ich die Vorstellung zu zweit mitten im Wald in einem Auto zu schlafen plötzlich doch gruseliger empfand, als zuvor ausgemalt. Es ging immer tiefer in den Wald hinein – dann kamen wir auf eine kleine Lichtung und da war er auch der Teich – überschwänglich sprangen wir aus dem Auto um ihn näher zu begutachten – “Wasserschutzgebiet – schwimmen verboten”. Na super. Egal, es war schon bald 24 Uhr und ich hatte keine Lust mehr auf weitersuchen. Wenige Meter weiter gab es eine Lichtung mit einer Wanderer-Raststelle inklusive Mülleimer – optimal also. Zunächst schaltete ich meine Stirnlampe ein (die ich als 100km Wanderer ja standardmäßig immer dabei habe) – Batterien leer. Super, dann halt Handy. Schnell klappten wir die hinteren Sitze um, legten drei Schichten Decken auf die Liegefläche – umgezogen war ich ja schon. Das Bett war gemacht. Mist ich musste natürlich nochmal aufs Klo. Ihr könnt euch nicht ausmalen, wie sehr ich mich erschrocken habe, als plötzlich im Dunkeln eine Kröte auf mich zuhüpft – während ich da den Wald bewässere. Toll diese Natur.

20170707_234152

Zurück im Auto fand ich es mindestens 5 Minuten lang sehr gemütlich bis der Schmerz der harten Plastikkanten in mich fuhr und die Tatsache, dass ich meine Beine nicht komplett ausstrecken konnte mich verrückt machten. Immerhin war ich recht müde – wir schlummerten beide irgendwann ein – ich wachte sicherlich im 10 Minuten-Takt wieder auf weil entweder irgendeine Position gerade unbequem war (jede) – ich Paranoia hatte, dass jemand vorm Auto steht und ein Video von uns dreht (oder uns umlegen will) – es hell wurde oder eine Mücke versuchte uns auszusaugen. Gegen 4 Uhr entschied ich, dass schlafen keine Option mehr war und erkundete die Umgebung. Es war angenehm kühl draußen und wider Ewarten war keine Menschenseele unterwegs (komisch morgens um 4 im Wald…Nina) ich drehte eine kleine Runde durch die Gegend, weckte Tim, las ein Buch, wechselte Seiten – und siehe da konnte sicher nochmal 2 Stunden schlafen. Dann war aber wirklich Action angesagt.

Neben einem Mülleimer beherbergte unser Aufenthaltsort auch eine Holzbank mit Sitzgelegenheiten sowie ein riesen Holz-Tipi – ich bereitete dort das Frühstück zu (Brötchen mit nix, Wasser und eine Banane) zum Nachtisch gab es Gummibärchen.

20170708_083511-1

Nun aber endlich los, ich wollte unbedingt etwas sehen von Thüringen (zumindest bis ich feststellte, dass wir in Sachsen-Anhalt waren).

Wir wollten nach Schierke fahren, um von dort den Brocken zu erklimmen, auf dem Weg hielten wir einmal kurz, weil Tim telefonieren musste und dann nochmal bei einem Parkplatz vor der Rappbodetalsperre, welche wir spontan auch noch besuchen wollten. Als wir dort ankamen bemerkte Tim, dass ihm irgendwie sein Handy fehlte.

Kann ja nicht weit sein, also durchwühlten wir das Auto – nichts zu finden. Okay, jetzt wirklich überall gucken. Auf dem Handy anrufen – wir hören nichts. Es war nicht da. Wo waren wir denn überall? Hatte er es beim kurzen Telefonier-Halt verloren? Bleibt nur zurückfahren. Auch dort war es nicht. Wenig später bemerke ich auf meinem Telefon, dass ich von Tim angerufen wurde. Geil. Irgendjemand muss das Handy gefunden haben. Natürlich hebt daraufhin niemand mehr ab. Nach 1.000.000 Anrufen ruft endlich jemand zurück. “Hallo haben Sie unser Handy gefunden?” – “Ja – es lag auf der Straße, da haben Sie noch mal Glück gehabt.” Wir verabredeten uns auf dem zuvor erwähnten Parkplatz – ich suchte fix im Auto zusammen, was man als Finderlohn abgeben könnte. Auf dem Parkplatz wurden wir bereits von einem mittelalten Mann mit Sohn in Empfang genommen – überglücklich und erleichtert tauschten wir eine Tüte Gummibärchen und 10 Euro gegen Tims Handy – es war beinahe unversehrt – obwohl es nach unserer Rekonstruktion der Geschichte vom Autodach beim Fahren mitten auf die viel befahrene Straße gefallen sein muss.

Superglücklich fuhren wir endlich zur Hängebrücke an der Rappbode Talsperre – wo wir auch noch Leute überredeten, uns ihre benutzten Tickets zu schenken – so war der Finderlohn schon fast wieder drin. Die Hängebrücke war echt beeindruckend – nichts für Höhenängstler und Seekranke – es wackelte kräftig. Lauter verängstigte Omas kamen uns entgegen – wir freuten uns. Auf der anderen Seite angekommen verspeisten wir Russischen Zupfkuchen und Kaffee und liefen über die Talsperre zum Auto zurück. Next Stop Schierke. In Schierke parkten wir in einem unverhältnismäßig großen Parkhaus, welches direkten Zugang zu den Wanderwegen versprach. Mit Regenjacke im Gepäck ging es los – die letzten Wochen in Berlin haben uns vorsichtig gemacht. Der Weg war schön, wir hielten die Füße in den kühlen Bach und überholten die anderen Wanderer während wir Stein um Stein gen Gipfel erklommen.

Das Wetter wurde entgegen meiner Vorhersagen wunderbar sonnig und warm. Und das hat schon etwas zu bedeuten auf dem Brocken. Dort hat man nämlich laut Informationstafel an 305 Tagen im Jahr keine freie Sicht wegen Nebels. Wir gönnten uns Süßgetränke und eine Bratwurst und liefen etwas auf dem Gipfel herum. Eigentlich wollten wir mit der Schmalspurbahn zurück hinunter fahren aber 27 Euro pro Person für eine 15 minütige Fahrt war uns dann doch etwas happig. Also mussten die Füße wieder dran glauben und wir liefen bergab. Später im Auto war ich wirklich sehr erschöpft und konnte mich nicht wach halten.

20170708_122252-120170708_12512020170708_13313620170708_134504

So musste Tim alleine navigieren und das, obwohl wir eigentlich noch gar kein konkretes Ziel ausgewählt hatten. Als wir an einem schönen Restaurant vorbeifuhren, beschlossen wir dort einzukehren und von dort aus das weitere Vorgehen zu besprechen. Da das Bedürfnis sich zu waschen wuchs, stand weiterhin fest, dass Wasser in die Planung involviert sein sollte. Wir fanden einen See mit Campingplatz bei Eisenach und schossen los. Der Versuch einen Seezugang neben dem Campingplatz zu finden und for free zu Campieren scheiterte, sodass wir uns kurzerhand entschieden, die Campinggebühr im Tausch gegen eine Dusche in Kauf zu nehmen.

20170708_153937

Auf dem Campingplatz waren wir dann die Assis unter den Campenden – wir schliefen ja im Auto – ohne Zelt und weitere Ausrüstung. Auch die Privatsphäre war minimal eingeschränkt. Im Abstand von wenigen Metern zelteten andere Camper und beäugten uns mit Argwohn. Wir hingen einige Handtücher vor die Auto-Fenster und machten es uns gemütlich. Mit Blick auf den See (solang der Kofferraum geöffnet war) saßen wir bis es dunkel wurde und freuten uns über diesen witzigen Schlafplatz. Die Nacht war dann gar nicht so schlimm, ich konnte halbwegs schlafen und wurde auch nicht von wilden Insekten überrascht. Am nächsten Morgen frühstückten wir zunächst im Bett – sprich im Auto – packten alles wieder zusammen und fuhren dann zum Parkplatz “Hohe Sonne” – welcher der Ausgangspunkt für unzählige Wanderrouten darstellt.

20170709_084553-1

Aus meiner Kindheit hatte ich in Erinnerung, dass trotzdem wandern für mich so ungefähr das quälendste war, was ich mir vorstellen konnte, die Drachenschlucht doch irgendwie Eindruck hinterlassen hatte. Also nahmen wir diese in Angriff – bei bestem Wetter zogen wir los während sich die Felswände zwischen uns immer stärker verengten. Wie das mit Kindheitserinnerungen so ist, war ich doch etwas verblüfft, wie viel weniger imposant mir nun 15 Jahre später alles vorkam.

20170709_110151

Dennoch machte die kleine, recht einfache Wanderung großen Spaß. Nach der Drachenschlucht schlugen wir den Wanderpfad zur Wartburg – die einst für eine ganze Weile Luther beherbergte, ein. Mittlerweile war es brütend heiß und der Schweiß lief.

20170709_115514-1

Die Wartburg war proppenvoll mit Touristen und wir genossen den Ausblick über die weite Landschaft – erkundeten die Burg und zogen weiter. Auch Eisenach wollten wir uns noch kurz ansehen. Auf deutsche Kleinstädte ist ja bekanntlich Verlass. Wir besuchten den Marktplatz – gefühlt war es das dann aber auch mit Sightseeing. Eine original Thüringer Bratwurst musste noch sein und dann machten wir uns zurück zum Auto. Die Rückfahrt ab Erfurt dauerte lediglich 4 Stunden – eine absolute Empfehlung, wenn man von Berlin aus mal einen gemütlichen Wochenendausflug machen will und Berge im Spiel sein sollen.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s